So werden medizinische Immunglobuline gewonnen

Immunglobulinpräparate zur medizinischen Anwendung können nicht künstlich im Labor hergestellt werden. Sie werden daher aus Blut- oder Plasmaspenden gesunder Spender gewonnen. Sicherheit ist dabei oberstes Gebot. Jeder Spender wird zuerst von einem Arzt untersucht. Personen, die ein erhöhtes Risiko haben, an einer übertragbaren Krankheit zu leiden, dürfen ihr Plasma nicht spenden. Blutplasma (mit Immunglobulinen) lässt sich auf zwei Wegen gewinnen: Es kann zum einen aus einer normalen Blutspende gewonnen werden, zum anderen mittels einer Plasmaspende. Bei der letzteren Methode wird während der Spende das Blut in den flüssigen Anteil und die Blutkörperchen aufgeteilt. Letztere fließen anschließend unverändert in den Spender zurück; er hat somit nur sein Plasma gespendet. Auch die Weiterverarbeitung des Plasmas, bzw. die Herstellung der Immunglobulinpräparate unterliegt strengen mehrstufigen Kontrollen: Zunächst werden die einzelnen Spenden mit modernsten Testverfahren auf eine Reihe von wichtigen Krankheitserregern überprüft (z. B. Hepatitis-Viren und HIV). Nur Spenden, bei denen diese Tests negativ sind, dürfen verwendet werden. Jeder Mensch verfügt über ein etwas anderes Antikörperspektrum, abhängig davon, mit welchen Erregern er im Laufe seines Lebens zu tun hatte. Aufgrund dessen wird das geprüfte Plasma von mehreren tausend Einzelspenden in einem sogenannten Plasmapool zusammengeführt. So erhält man ein möglichst breites Spektrum unterschiedlicher Antikörper. Aus diesem Plasmapool werden dann die Immunglobuline isoliert. Durch verschiedene aufwändige Reinigungs- und Filtrationsschritte werden eventuell vorhandene Krankheitserreger zerstört und entfernt. Am Ende dieser Schritte steht das hochreine Immunglobulinpräparat, wobei Immunlobulin G (IgG) den Hauptbestandteil ausmacht. Nach der Abfüllung wird jede Charge einer eingehenden Qualitätskontrolle beim Hersteller unterzogen und anschließend von einer unabhängigen Prüfstelle, in Deutschland dem Paul-Ehrlich-Institut, untersucht. Werden auch dort keine Mängel entdeckt, gibt das Institut die entsprechende Charge des Medikaments für die Behandlung frei.
 

Wann ist die Gabe von Immunglobulinpräparaten sinnvoll?

Liegen Warnzeichen für einen sekundären Immundefekt vor, kann Ihr Arzt zur weiteren Abklärung eine Bestimmung der Konzentration von Immunglobulinen (IgG) in Ihrem Serum veranlassen. Ist der IgG-Wert zu niedrig, kann eine Behandlung mit Immunglobulinpräparaten bedacht werden. Der IgG-Wert wird in gewissen Abständen auch während der Therapie gemessen und es kann gegebenenfalls die Dosis angepasst werden, um den Wert auf die gewünschte Höhe zu bringen.
 

Immunglobuline - intravenös oder subkutan?

Immunglobuline können intravenös oder subkutan verabreicht werden. Eine Entscheidung für die Art der Gabe wird zusammen von Arzt und Patient getroffen und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Immunglobuline können Sie nicht als Tablette einnehmen, da sie im Magen und im Darm abgebaut würden und dann keine Wirkung mehr hätten. Dahererfolgt die Behandlung mit Immunglobulinen als Infusion – entweder intravenös, also in die Vene (intravenöse Immunglobuline, IVIg), oder subkutan, also unter die Haut (subkutane Immunglobuline, SCIg).
 

Intravenöse Immunglobuline

Die intravenöse Infusion von Immunglobulinen hat sich bei Immundefekten bereits über viele Jahre bewährt. Sie erfolgt in der Regel in der Ambulanz, im Krankenhaus oder aber in der Arztpraxis und dann im Abstand von drei bis vier Wochen. Die intravenöse Verabreichung dauert üblicherweise eine bis mehrere Stunden. Die Dauer der Infusion ist von der Dosis abhängig und davon, wie der Patient die Immunglobuline verträgt.
 

Subkutane Immunglobuline

Anstelle der intravenösen Gabe von Immunglo­bulinen kann alternativ auch auf die subkutane Anwendung umgestellt werden. Das bedeutet, dass die Patienten nach eingehender Schulung die Infusion selbst zu Hause oder unterwegs mit einer kleinen Pumpe vornehmen können. Die subkutane Infusionstechnik wird üblicherweise in circa drei Trainingseinheiten in einer Klinik oder einer Praxis erlernt, bevor man sie selbst ausführen kann. Dabei ist es zusätzlich hilfreich, wenn ein Familienmitglied oder eine Betreuungsperson die Heimselbsttherapie unter­stützt. Die Infusion unter die Haut erfolgt meist wöchentlich, teilweise auch zweiwöchentlich. Die Dauer der Infusion ist von der Dosis abhängig und wird mit dem Arzt festgelegt. In der Regel liegt die Infusionsdauer bei 1-2 Stunden bei wöchentlicher Gabe. Die Patienten sind bei diesem Verfah­ren zeitlich unabhängiger und flexibler, gerade auch wenn es um die Vereinbarkeit von Therapie und Beruf geht. 

 

IVIg oder SCIg – Was ist für wen geeignet?

Beide Formen einer Immunglobulintherapie führen zur Stabilisierung des Immunsystems. Welches Verfahren für den jeweiligen Patienten geeignet ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. 

 
Entscheiden Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt, welche Art der Immunglobulin-Behandlung für Sie am besten geeignet ist.
 

Der behandelnde Arzt wird nach Abwägung des Für und Wider in der Regel gemeinsam mit dem Patienten die Entscheidung treffen. Für eine subkutane Therapie spricht beispielsweise, wenn der Patient schlechte Venenverhältnisse hat, die eine intravenöse Gabe immer schwieriger werden lassen. Die Behandlung mit Immunglobulinen ist insge­samt gut verträglich. Allerdings kann es zu uner­wünschten Begleiterscheinungen, beispielsweise Kopf- und Gliederschmerzen oder Hautreaktionen an der Einstichstelle, kommen. Wichtig ist es in jedem Fall, dass Sie den behandelnden Arzt über solche Befindlichkeiten umgehend informieren, damit gegebenenfalls die Infusionsdauer oder -menge angepasst werden kann.

 
Dr. med. Karsten Franke

Dr. med. Karsten Franke

St. Marien-Krankenhaus Siegen

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